Spectre
5.11.2015
Action, Drama
Sam Mendes
Daniel Craig, Christoph Waltz, Léa Seydoux, Ben Whishaw, Naomie Harris, Dave Bautista,Monica Bellucci, Ralph Fiennes
John Logan, Neal Purvis, Robert Wade, Jez Butterworth
2015
12
Skyfall war ein Bond fürs 21. Jahrhundert, Sam Mendes‘ Nachfolger ist dagegen eine Zeitreise
Regisseur Mendes (American Beauty, Road to Perdition) gibt sich in seinem zweiten Bond-Film alle Mühe, das Publikum schon vor dem Vorspann mit viel Tamtam auf seine Seite zu ziehen. Spectre begint mit einer eindrucksvollen, rund fünfminütigen Kamerafahrt, auf die Steadycam-Meister Brian DePalma stolz wäre. Mendes schickt außerdem tausende Statisten, opulente Locations, aufwändige Stunts und ordentlich viel Zerstörung ins Rennen, so dass der Anfang alleine den Eintritt wert ist.
Aber nicht nur dieser spektakuläre erste Akt überschattet die verbleibenden zwei Stunden: Spectre kann sich auch nicht vom „Phantom“ vergangener Bond-Filme lösen. Sicher war es der richtige Gedanke, nach einem stilistischen Ausreißer wie Skyfall – man könnte ihn einen „Bond für Leute die Bond nicht mögen“ nennen – die Serie wieder zu ihren Wurzeln zurückzuführen. Aber die Entscheidung, sich mit dem neuen Film vor allem an den Filmen der 60er und 70er zu orientieren, an der Ära Connery/Moore/Lazenby führt dazu, dass Spectre über weite Strecken ein bisschen zu vertraut erscheint. Auch die Optik ist diesmal deutlich unspektakulärer als in Skyfall – und das obwohl Kameramann Hoyte van Hoytema (Let The Right One In, Interstellar) ein außergewöhnliches Auge für schöne Bilder hat.
Vor allem aber muss der Film im direkten Vergleich mit Rogue Nation Federn lassen, dem letzten Mission Impossible Film. Der hat nicht nur eine auffallend ähnliche Handlung und mindestens genauso beeindruckende Actionszenen. Mit Ilsa Faust hat Autor Christopher McQuarrie (Die Üblichen Verdächtigen) auch eine weibliche Figur geschaffen, die sich nicht hinter ihrem männlichen Gegenüber Ethan Hunt verstecken muss – die aktuellen „Bond-Girls“ dagegen (gespielt von Léa Seydoux und Monica Bellucci) schaffen es nie so ganz, aus ihren klassischen Geschlechterrollen auszubrechen. Dazu kommt, dass der neue Bond elektronische Überwachung thematisiert und sich damit ganz bewußt auf lange etabliertes Mission Impossible-Territorium begibt.
Schlecht ist Spectre deswegen nicht; im Gegenteil, das neue Bond-Spektakel muss sich in einem überragenden Jahr wie 2015 nicht vor der Konkurrenz verstecken. Die Besetzung (unter anderem Christoph Waltz) hält was sie verspricht, die Dialoge sprühen vor Witz, die Inszenierung ist so solide wie man es von Sam Mendes erwarten würde und Dave Bautista als „Hinx“ ist ein perfekter Mann fürs Grobe, in der Tradition von Goldfingers „Oddjob“ und dem „Beißer“ Richard Kiel. Überhaupt ist Spectre ein guter „klassischer“ Bond Film – und dazu ein sehr unterhaltsamer.
Bloß auf die Frage, ob der „klassische“ Bond im 21. Jahrhundert noch eine Existenzberechtigung hat – außer der eines Museums-Exponats – gibt Spectre leider keine zufriedenstellende Antwort.